• Know-how
  • 05.12.2023
  • 6 Min

Die europäische Einwegkunststoff-Richtlinie

Getränkebecher. Trinkhalme und Wattestäbchen. In Plastik verpacktes Gemüse und Magazine in Plastikhüllen. Europa hat unnötigen Produkten aus Einwegkunststoff den Kampf angesagt. Denn Plastik und Mikroplastik sind eine Gefahr für unsere Umwelt und unsere Meere, Tiere und Menschen. Aus diesem Grund hat die Europäische Union im Sommer 2019 die Einwegkunststoff-Richtline verabschiedet. Genauer gesagt, die Richtlinie (EU) 2019/904 über die Verringerung der Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt. Ziel ist es, durch Verbote und verbrauchsmindernde Maßnahmen die Nutzung von Produkten aus Einwegkunststoff zu reduzieren. Alle EU-Mitgliedstaaten haben sich dazu verpflichtet, im eigenen Land alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die in der Einwegkunststoff-Richtline gesetzten Ziele erreicht werden.

Was ist die europäische Einwegkunststoff-Richtline?

Die Richtlinie (EU) 2019/904 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 (engl. Single-Use Plastics Directive) ist eine europäische Richtlinie, die die Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt verringern soll. Die Richtlinie gibt verschiedene Maßnahmen vor, um den Verbrauch von bestimmten Einwegkunststoff-Produkten zu reduzieren, das achtlose Wegwerfen dieser Produkte in die Umwelt zu begrenzen und die Ressource Kunststoff besser zu bewirtschaften. Da es sich um eine EU-Richtlinie und keine EU-Verordnung handelt, ist sie hinsichtlich des zu erreichenden Ziels zwar für alle EU-Mitgliedstaaten verbindlich – mit welchen nationalen Maßnahmen und Gesetzen dieses Ziel letztendlich erreicht wird, bleibt jedoch jedem Land selbst überlassen. Die Einwegkunststoff-Richtline gibt dazu lediglich Empfehlungen.

Was ist das Ziel der Einwegkunststoff-Richtlinie?

Ziel der Einwegkunststoff-Richtlinie ist es, den Verbrauch von Produkten aus Einwegkunststoff zu reduzieren und die »Ressource Kunststoff« besser zu bewirtschaften – hin zu einer Kreislaufwirtschaft mit innovativen und nachhaltigen Geschäftsmodellen, Artikeln und Werkstoffen. Außerdem soll das achtlose Wegwerfen von Abfällen in die Umwelt begrenzt (Littering) und der zunehmenden Verschmutzung der Meere entgegengewirkt werden.

Das Problem mit Plastik

Kunststoff ist ein Material, das chemisch äußerst stabil ist. Im Laufe der Zeit zerfällt es in immer kleinere Teilchen bis am Ende nur noch Mikropartikel übrig sind – vollständig abgebaut wird Kunststoff aber nicht. Wenn Kunststoffe als Müll in der Umwelt oder in den Gewässern landen, dauert dieser Zerfall viele Jahrzehnte lang: Das Umweltbundesamt geht bei einer Plastikflasche im Ozean von bis zu 450 Jahren aus. Bereits heute sind die Auswirkungen von Plastikmüll auf Meerestiere und Seevögel nicht zu übersehen: Sie halten die kleinen Kunststoffteilchen für Nahrung und verhungern bei vollem Magen. Welche weiteren Folgen das für Mensch und Natur haben wird, ist schwer abschätzbar. Es gilt jedoch als wahrscheinlich, dass Mikroplastik über die Nahrungskette auch zum Mensch zurückkehrt.

Ein Korb ist randvoll gefüllt mit bunten Schnipseln aus Mikroplastik

Welche Produkte betrifft die Einwegkunststoff-Richtlinie?

Die EU-Einwegkunststoff-Richtlinie gilt für Artikel, die ganz oder teilweise aus Kunststoff bestehen und in der Regel dazu bestimmt sind, nur einmal oder kurzzeitig verwendet und danach entsorgt zu werden.

Gruppe 1
Getränkebecher und -behälter, Getränkeflaschen, To-go-Lebensmittelbehälter, Einwegbesteck, Einwegteller, Trinkhalme, Rührstäbchen, Wrappers
Gruppe 2
Wattestäbchen, Feuchttücher, Binden, Tampons und Tamponapplikatoren
Gruppe 3
Leichte Tragetaschen, Zigarettenfilter, Luftballons, Luftballonstäbe, Fischfanggeräte
 
 
Ein Spülkorb für das Mehrwegspülen von Winterhalter mit einsortierten Mehrwegbechern und Bowls
So geht Mehrwegspülen!

Beim Spülen von Mehrweggeschirr hat sich in den letzten Jahren viel getan. Bestes Beispiel ist das Mehrwegspülsystem von Winterhalter: Die Systemlösung setzt auf das effektive Zusammenspiel von Spülmaschine, Korb und speziell für das Material Kunststoff entwickelte Spülchemie. Um auch allerhöchste Ansprüche zum Beispiel von Fast-Food-Ketten erfüllen zu können, wurde das System um das Trocknungsgerät DMX erweitert. So wird aus einem »sehr guten« Trocknungsergebnis ein »perfektes«. Und das innerhalb von wenigen Minuten.

Zum Mehrwegspülsystem

Maßnahmen der Einwegkunststoff-Richtlinie


Marktbeschränkungen

Am 3. Juli 2021 ist in Deutschland die Einwegkunststoff-Verbotsverordnung (EWKVerbotsV) in Kraft getreten. Dabei handelt es sich um ein Verbot für bestimmte Einwegkunststoff-Artikel, für die es geeignete Alternativen gibt. Dazu gehören Besteck und Teller, Trinkhalme, Rührstäbchen und Wattestäbchen sowie To-go-Lebensmittelbehälter, Getränkebecher und -behälter aus geschäumtem expandiertem Polystyrol (Styropor) und generell von Produkten aus oxo-abbaubarem Kunststoff. Hintergrund: Diese Kunststoffe sind biologisch nicht komplett abbaubar und zerfallen in der Umwelt zu Mikroplastik. Einweg-Getränkebecher wurden nicht generell verboten, da die EU keine zeitnahe Möglichkeit sah, diese adäquat zu ersetzen.

Kennzeichnungspflicht

Mit der Einwegkunststoff-Richtlinie sind in allen EU-Staaten einheitlich die Regelungen der Kennzeichnung bestimmter Einwegkunststoff-Produkte wirksam geworden. Das betrifft zum Beispiel Getränkebecher, Hygieneartikel wie Binden und Tampons, Feuchttücher und Tabakprodukte mit Filtern. Die in Verkehr gebrachten Einwegkunststoff-Produkte müssen entweder auf der Verpackung oder dem Produkt selbst eine Kennzeichnung tragen. Sie soll Verbraucher darauf hinweisen, dass die genannten Produkte Kunststoff enthalten, welcher Weg der Entsorgung vermieden werden sollte und welche Umweltfolgen eine unsachgemäße Entsorgung hat.

Produktanforderungen

Ab 3. Juli 2024 muss jeder EU-Mitgliedstaat dafür Sorge tragen, dass Einweggetränkebehälter aus Kunststoff nur noch dann in Verkehr gebracht werden, wenn ihre Kunststoffverschlüsse und -deckel für die gesamte Nutzungsphase fest mit den Behältern verbunden sind. Hintergrund: Verschlüsse und Deckel von Getränkeflaschen gehören zu den zehn Einwegkunststoff-Produkten, die am häufigsten an den Stränden der EU gefunden werden. Ab dem Jahr 2025 sollen PET-Flaschen zudem zu mindestens 25 % aus recyceltem Kunststoff bestehen – ab 2030 zu mindestens 30 %.

Erweiterte Herstellerverantwortung

Die Hersteller bestimmter Einwegkunststoff-Produkte an den Reinigungs-, Entsorgungs- und Sensibilisierungskosten beteiligen: Das ist das Ziel des Einwegkunststoff-Fondsgesetzes (EWKFondsG), das der Deutsche Bundestag verabschiedet hat. Es betrifft Produkte wie Getränkebecher und To-go-Lebensmittelbehälter, Plastiktüten, Zigarettenfilter und Luftballons. Ab 2025 wird das Umweltbundesamt von den betreffenden Produzenten Sonderabgaben einziehen, in einem Fonds sammeln und diese Mittel anteilig an die Kommunen auszahlen. TIPP: Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Einwegkunststoff-Fondsgesetz finden Sie in unserem gesonderten Blogartikel.

Verbrauchsminderung

Bis zum Jahr 2026 wollen die EU-Mitgliedsstaaten alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um gegenüber 2022 eine quantitative,ehrgeizige und dauerhafte Verminderung des Verbrauchs bestimmter Einwegkunststoff-Produkte herbeizuführen. Das betrifft To-go-Getränkebecher und Lebensmittelverpackungen, die dazu bestimmt sind, unmittelbar vor Ort verzehrt oder als Take-away-Gericht mitgenommen zu werden. Und die nicht aus EPS (Styropor), aber mindestens teilweise aus Kunststoff bestehen – eine Plastikbeschichtung reicht bereits aus. Bis 2026 soll eine Trendumkehr beim steigenden Verbrauch dieser Artikel erreicht werden.

Getrennte Sammlung

Bis zum Jahr 2025 wollen die EU-Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um mindestens 77 Gewichtsprozent der Getränkeflaschen aus Einwegkunststoff zum Zweck des Recyclings getrennt zu sammeln. Bis zum Jahr 2029 sollen es mindestens 90 Gewichtsprozent sein. Dazu wurde in Deutschland im Jahr 2022 die Einwegpfandpflicht auf sämtliche Einweggetränkeflaschen aus Kunststoff ausgeweitet – mit Ausnahme von Milch und Milchprodukten, die 2024 folgen.

Sensibilisierung

Auch die Information der Verbraucher soll dazu beitragen, die Ziele der Einwegkunststoff-Richtline zu erreichen: Die EU-Mitgliedstaaten wollen über alternative und wiederverwendbare Produkte aufklären undAnreize für einen verantwortungsvollen Umgang mit verwendeten Einwegkunststoff-Produkten schaffen. Dazu soll im Rahmen der kommunalen Abfallberatung für das Thema »zunehmende Vermüllung unserer Umwelt« sensibilisiert und auf die Folgen einer nicht ordnungsgemäßen Entsorgung von Abfällen in der Umwelt hingewiesen werden. Außerdem soll die Beratung auf weitere Themen ausgedehnt werden, wie zum Beispiel Maßnahmen zur Müllvermeidung und Mehrwegalternativen.

Die neuen Lass-mich-dran-Deckel: »Tethered Caps«

Als »Tethered Caps« werden Verschlusskappen und Deckel bezeichnet, die nach dem Öffnenfest mit der Flasche oder der Verpackung verbunden bleiben. Diese sind eine nachhaltige und umweltfreundliche Alternative zu den herkömmlichen Verschlüssen. Ab 3. Juli 2024 sind sie in den EU-Mitgliedstaaten für Einweg-Getränkeverpackungen einschließlich Verbundverpackungen wie Getränkekartons mit einem Volumen von bis zu drei Litern vorgeschrieben. So wurde es in der europäischen Einwegkunststoff-Richtlinie vereinbart. Ziel ist es, die Verschlüsse zusammen mit den Behältern zu recyceln und die Vermüllung unserer Umwelt durch weggeworfene Verschlüsse zu reduzieren. Einige Unternehmen haben mit der Umrüstung bereits begonnen.

Nahaufnahme eines »Tethered Cap« an einer Getränkeverpackung
Ein weggeworfener Becher aus Einwegkunststoff liegt auf dem Waldboden

Die wichtigsten Fragen zum Einwegkunststoff-Fondsgesetz

Ab 2024 werden die Hersteller bestimmter Einwegkunststoff-Produkte an den Kosten für die Sammlung, Reinigung und Entsorgung im öffentlichen Raum beteiligt. In diesem Blogartikel erfahren Sie alles Wichtige zur neuen Sonderabgabepflicht.

Zum Artikel

Fotos: jcomp | frimufilms


Autor des Artikels
Joachim FunkContent Marketing Manager